Geschwindigkeitskontrolle: So funktioniert die Tempomessung mit Radar
Geschwindigkeitsverstöße gehören in Deutschland zu den häufigsten Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr. Nicht nur aufgrund von Zeitdruck, sondern auch aus Unachtsamkeit oder Nachlässigkeit überschreiten viele Autofahrer das Tempolimit. Wer geblitzt wird kann ziemlich sicher davon ausgehen, dass bald ein Bußgelbescheid im heimischen Briefkasten liegen wird.
Um die Fahrgeschwindigkeit zu messen werden unterschiedliche Techniken eingesetzt. Die meisten Autofahrer denken bei Geschwindigkeitskontrollen zuerst an Begriffe wie „Blitzer“ oder „Radarfalle“. Dabei gibt es verschiedene Methoden und Geräte. Radaranlagen sind wohl die bekanntesten Geräte, die auf deutschen Straßen im Einsatz sind.
Tempomessung dient der Sicherheit im Straßenverkehr
Bei einer Radarfalle, so wird sie umgangssprachlich häufig genannt, handelt es sich natürlich nicht um eine Falle. In der Regel sind Autofahrer jedoch nicht erfreut, wenn sie eine solche Anlage mit überhöhter Geschwindigkeit passieren und vermuten, dass solche Anlagen aufgestellt werden, um ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen. In erster Linie dient die Verkehrsüberwachung aber der Sicherheit im Straßenverkehr.
Stationäre und mobile Blitzer
Zunächst einmal wird zwischen mobilen und stationären Anlagen unterschieden. Stationäre Messgeräte unterscheiden sich je nach Modell in ihrem optischen Erscheinungsbild und sind in der Regel gut sichtbar. Typischerweise handelt es sich um grüne oder graue Kästen, an denen Kamera und Blitz zu erkennen sind.
Besonders bei Vielfahrern und ortskundigen Autofahrern sind die Standorte der fest installierten Anlagen bekannt. Dies kann dazu führen, dass nur an diesen Stellen ordnungsgemäß gefahren wird und an anderer Stelle die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten wird.
Anders ist dies bei mobilen Anlagen. Diese stehen nur für einen begrenzten Zeitraum an ihrem Standort und werden je nach Verkehrssituation eingesetzt. Mobile Blitzer können auf Stativen am Straßenrand stehen, sie können sich aber auch in einem Fahrzeug befinden und von dort aus eingesetzt werden. So können auch ortskundige Raser erwischt werden.
Insbesondere die Polizei nutzt mobile Radaranlagen. Stationäre Geräte werden hingegen eher von Gemeinden eingesetzt.
So viele Blitzer gibt es in Deutschland
In Deutschland gibt es aktuell mehr als 4500 festinstallierte Messanlagen (Stand Februar 2019). Diese werden jedoch nicht nur zur Tempomessung benutzt, sondern auch um Abstände zu messen und Rotlichtverstöße zu ermitteln. Dazu kommen noch die mobilen Anlagen. Wie viele es davon genau gibt ist nicht bekannt.
Im internationalen Vergleich sind das aber gar nicht so viele Blitzer. In Italien gibt es zum Beispiel mit über 10000 fest installierten Geräten mehr als doppelt so „Blitzer“ wie in Deutschland.
Nicht jeder „Blitzer“ ist eine „Radarfalle“
Nur ein Teil der Anlagen zur Tempomessung funktioniert mit der Radartechnik. Wer während der Autofahrt durch einen Blitz aufgeschreckt wird, der kann ziemlich sicher davon ausgehen, dass er von einer Geschwindigkeitskontrolle erfasst worden ist. Es kann dann auch sehr gut sein, dass es sich um eine Radaranlage handelte, da diese für das zugehörige Foto stets einen Blitz auslösen.
Auch andere technische Anlagen, wie zum Beispiel Geräte, die mit Lasertechnik arbeiten, sind mit einem Blitz ausgestattet. Diese blitzen jedoch in der Regel mit Infrarotlicht, sodass der Blitz so gut wie unsichtbar ist. Am Blitz allein kann man die „Radarfallen“ dennoch nicht erkennen. Denn auch bei anderen Messverfahren werden Lichtblitze eingesetzt, um Fotos von Temposündern zu machen.
Welche Radaranlagen gibt es?
Wie schon erwähnt, wird zwischen stationären und mobilen Anlagen unterschieden. Bei diesen „Blitzern“ handelt es sich um Anlagen, die mit der Radartechnik arbeiten:
- Traffipax SpeedoPhot
- Traffipax Micro-Speed 09
- Traffipax Speedoguard
- Multanova 6F
- Mesta 208
- Speedcontrol (Radarpistole)
- M5 Radar
Die Nutzung von Radaranlagen im Straßenverkehr
Die Radartechnik wird seit 1956 im Straßenverkehr zur Geschwindigkeitsmessung eingesetzt. Die erste feststehende Anlage der Firma Telefunken wurde in diesem Jahr vorgestellt. Im Jahr 1959 kam dann auch erstmals eine mobile Anlage desselben Herstellers zum Einsatz. Damit ist die Radartechnik die älteste und auch heute noch die meistverbreitete Methode zur Geschwindigkeitsmessung.
Wie funktioniert die Messung mit Radar?
Radar ist eine Technik, die den meisten Menschen auch außerhalb der Verkehrsüberwachung bekannt sein dürfte. Sie basiert auf dem Einsatz von elektromagnetischen Wellen, die von Objekten reflektiert werden. Möchte man die Geschwindigkeit eines Objektes, beispielsweise eines Autos bestimmen, kommt der Messung mit Radar ein physikalisches Phänomen zugute, der sogenannte Doppler-Effekt.
Den Doppler-Effekt kennen Autofahrer ohnehin aus dem Alltag. Sich bewegende Objekte – also auch fahrende Autos – schieben Schallwellen sozusagen vor sich her. Dabei erhöht sich die Frequenz der Schallwellen, die in Fahrtrichtung abgestrahlt werden, je nach gefahrener Geschwindigkeit. Bei Schallwellen ist der Effekt für Menschen entsprechend hörbar. Während sich ein Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit nähert, klingen Motor- und Fahrgeräusche höher, sobald das Fahrzeug vorbeigefahren ist deutlich tiefer. Sitzt man selbst im Auto, sind die Geräusche bei gleicher Geschwindigkeit aber konstant. Der Effekt tritt also nur auf, wenn sich die Distanz zwischen Beobachter und Signalquelle über die Zeit verändert.
Derselbe Effekt tritt neben Schallwellen auch bei elektromagnetischen Wellen auf, die für die Radarmessung eingesetzt werden. Hierbei wird eine elektromagnetische Welle mit einer festen Frequenz auf heranfahrende Fahrzeuge gerichtet. Diese Welle wird von den erfassten Fahrzeugen reflektiert. Die Frequenz der Welle des Radarsenders ist im Messgerät hinterlegt. Durch den Doppler-Effekt wird das Radarsignal von heranfahrenden Fahrzeugen aber eben nicht mit derselben sondern mit einer höheren Frequenz zurückgeworfen. Aus dem Unterschied zur Referenzfrequenz lässt sich die sogenannte Doppler-Frequenz errechnen, die dann wiederum auf die Geschwindigkeit zurückgeführt werden kann, mit der das Objekt bzw. das Fahrzeug sich auf das Messgerät hinzu beweg hat.
Wenn das Fahrzeug schneller als erlaubt unterwegs ist, löst die Anlage aus und der „Blitzer“ macht ein Foto von Nummernschild und Fahrer des KFZ.
Toleranz bei der Messung mit Radar
Bei der Geschwindigkeitsmessung kann es zu Fehlern und Ungenauigkeiten kommen. Auch wenn die Geräte, die auf deutschen Straßen im Einsatz sind, weitestgehend zuverlässig sind, können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Um mögliche, kleinere Ungenauigkeiten auszugleichen, wird bei der Geschwindigkeitsmessung vom tatsächlichen Messergebnis ein Toleranzwert abgezogen.
Dabei gelten für fast alle Messsysteme dieselben Toleranzwerte, auch für Radargeräte.
Die abgezogene Toleranz hängt von der gefahrenen Geschwindigkeit ab. War das Fahrzeug mit weniger als 100 km/h unterwegs, so werden 3 km/h abgezogen. Bei einer Geschwindigkeit von mehr als 100 km/h beträgt die Toleranz hingegen 3 Prozent.
Wer betreibt die Anlagen? Was sind private Blitzer?
Die Geschwindigkeitsüberwachung im Straßenverkehr geht von staatlichen Behörden aus. Dabei wird die Messung selbst in der Regel entweder von Beamten der Polizei oder von Mitarbeitern des Ordnungsamtes durchgeführt.
Darüber hinaus ist es den Kommunen aber mittlerweile auch erlaubt, private Unternehmen mit der Kontrolle zu beauftragen. Damit diese Messungen auch als rechtliche Grundlage für ein Verfahren dienen können, müssen sie vor Ort durch die Straßenverkehrsbehörde überprüft werden.
Übrigens: Die private Anschaffung eines Blitzers ist theoretisch möglich jedoch kann eine solche Messung nicht Grundlage für ein behördliches Verfahren zur Verhängung einer Strafe für eine Ordnungswidrigkeit sein. Denn dabei handelt es sich um eine hoheitliche Aufgabe des Staates. Die Kompetenz zur Eröffnung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens obliegt den zuständigen Straßenverkehrsbehörden.
Was kostet eine Radaranalage?
Radaranlage werden in Deutschland von verschiedenen Herstellern angeboten. Die Kosten für einen Blitzer können zwischen 80.000 und 100.000 Euro liegen. Das mag nach viel Geld klingen. Dennoch können die Behörden diese Kosten, je nach Standort, schnell mit den Mehreinnahmen durch eingenommene Bußgelder decken.
Neues Verfahren: Section Control (“Streckenradar”)
Bei Section Control (dt. Abschnittskontrolle) handelt es sich um eine Methode zur Tempomessung, die in einigen europäischen Nachbarländern bereits länger im Einsatz ist. Sie wird auch als Streckenradar bezeichnet. Dabei wird die durchschnittliche Geschwindigkeit über einen festen Streckenabschnitt gemessen, statt das Tempo nur an einem einzigen Punkt zu ermitteln.
Um die Geschwindigkeit zu ermitteln wird am Anfang und am Ende der Messstrecke das Fahrzeuge fotografiert. Nur wenn eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorliegt, werden diese Daten genutzt, um ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten.
In anderen europäischen Ländern konnte bereits nachgewiesen werden, dass es auf derartigen Strecken nach Einführung der Kontrollen zu einer entspannteren Fahrweise, weniger Geschwindigkeitsüberschreitungen und weniger Unfällen kam und somit die Verkehrssicherheit verbessert wurde.
Section Control wird hierzulande kritisch diskutiert. Dabei geht es vor allem um das Thema Datenschutz, denn bei diesem Verfahren werden alle Autofahrer auf Verdacht fotografiert. Erst im Anschluss sollen nicht benötigte Daten wieder gelöscht werden.
Radaranlagen im Ausland: Schweiz und Österreich
Wer während der Autofahrt Radio hört, der weiß, dass manche Radiosender Warnungen vor Blitzern an ihre Zuhörer rausgeben. Der eine oder andere aufmerksame Radiohörer ist so gewappnet und fährt an den entsprechenden Stellen vorsichtiger. In der Schweiz allerdings ist die Warnung vor Blitzern verboten. Die Gesetzeslage ist im Nachbarland in dieser Hinsicht deutlich strenger als in Deutschland.
Auch in Österreich gibt es Unterschiede. In Deutschland gilt die Fahrerhaftung. Entsprechend wird der Fahrer eines Fahrzeugs bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung regelmäßig mit fotografiert, um diesen zu identifizieren und den Bußgeldbescheid zustellen zu können. Anders sieht es in Österreich aus – dort gilt die Halterhaftung. Aus diesem Grund werden die Fahrzeuge von Temposündern in Österreich häufig nur von hinten fotografiert.
Und genau in diesem Punkt kommt es zum Konflikt zwischen dem österreichischen und dem deutschen Recht im Straßenverkehr. Der Fahrer ist natürlich auf einem solchen Foto nicht zu erkennen. Und nach deutschem Recht kann er dann auch nicht belangt werden.
Einspruch bei fehlerhaftem Bußgeldbescheid
Wie bei anderen Messgeräten auch, können bei Radaranlagen Fehler bei der Messung auftreten. Besonders bei mobilen Anlagen sind Fehler möglich, die zu falschen Messergebnissen führen. Ob stationär oder mobil, Radarmessgeräte müssen immer in einem bestimmten Winkel zur Fahrbahn ausgerichtet sein. Gerade bei mobilen Anlagen können beim Aufstellen der Blitzer Fehler gemacht werden.
Neben dem richtigen Winkel zur Straße können reflektierende Flächen oder zusätzliche Fahrzeuge im Messbereich die Messung beeinträchtigen. So kann es zum Beispiel passieren, dass das eine Fahrzeug geblitzt wird, obwohl ein anderes zu schnell gefahren ist.
Liegt ein Fehler bei der Geschwindigkeitsmessung vor, dann ist es möglich Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zu erheben. Sie können das entweder selbst und mit Hilfe eines Rechtsanwaltes tun.
Bildquellen:
Geschwindigkeitskontrolle Radar Kamera, Urheber: Nxr-at, Lizenz, modifiziert.
Semi-fixed Speed Trap, Urheber: Kecko, Lizenz, modifiziert.
Traffipax speedophot, Urheber: André Karwath, Lizenz, modifiziert.